100 Jahre AGV
Kirche. Als Verfechter der Öffentlichkeits- arbeit der Unternehmer zeigt sich der im Jahr 1963 neu gewählte Vorsitzende Hans Mikorey. Er lässt sich dabei von dem Ge- danken leiten, dass eine leistungsfähige Wirtschaft für jeden vorteilhaft ist, weil es ohne sie keine sozialen Leistungen gibt. Ihm ist auch die Gründung des „Arbeits- kreises Kirche und Wirtschaft“ im Jahr 1964 zu verdanken. „Aufgabe dieser Ar- beitsgruppe wird es sein, sich mit den ak- tuellen wirtschaftlichen, sozialpolitischen und sozialethischen Problemen zu be- schäftigen. Es ist der erste Arbeitskreis dieser Art in der Bundesrepublik.“, heißt es am 15. Dezember 1964 in der Nordwest- Zeitung. Weitere klassische Themen des Arbeit geberverbandes Oldenburg sind zu der Zeit: Tarifverhandlungen, 40-Stunden-Woche, Arbeiten an kirchlichen Feiertagen, Schlechtwettergeld, Aussperrung, Lohn- steigerungen, Weihnachtsgeld. Die zuneh- mende Automatisierung in der Industrie macht es erforderlich, sich auch mit mehr Sicherheit am Arbeitsplatz und dem Unfall- schutz zu befassen. Am 7. Mai 1963 eröffnet der damalige Bundesschatzminister Dr. Werner Dollinger die Vortragsreihe „Wirtschaft und Politik“ mit dem Thema „Bundesunternehmen und private Wirtschaft“. Hauptgeschäftsführer Dr. Müller erläutert damals, dass das neue Veranstaltungsformat „die Aufgabe [hat], die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik zu pflegen, und zwar über den Raum hinaus mit der Bundesregierung, Ber- lin und den Partnern in der EWG. Wir sollen von den Experten hören, wie Europa sich den kontinuierlichen und dauerhaften wirt- schaftlichen Fortschritt denkt. Wir wollen den Experten aber auch sagen, wie wir uns das denken.“ Pro Jahr finden nun zwei bis drei große Vortragsveranstaltungen statt, die jeweils aktuelle politische oder wirtschaftliche Entwicklungen zum Thema haben. Neben der Vortragsreihe „Wirtschaft und Politik“ nehmen noch zwei weitere Veran- staltungsformate Mitte der 1960er Jahre ihren Anfang und erfahren bis heute eine große Resonanz: das so genannte Perso- nalleiter-Seminar und die Arbeitskreise „Schule und Wirtschaft“. Das Personalleiter- Seminar richtet sich an Personalverant- wortliche in den Mitgliedsunternehmen des Verbandes. Die meist halbtägige Vortrags- veranstaltung informiert über aktuelle Ent- wicklungen in Gesetzgebung und Recht- sprechung mit Auswirkungen für die Praxis. Die Arbeitskreise „Schule und Wirtschaft“ sollen Jugendlichen einen ersten Einblick geben, wie die Wirtschaft überhaupt „tickt“. Der Verband fordert zudem – erfolgreich – mehr Berufskunde im Rahmen des neuen Schulfachs „Arbeitskunde“. Außerdem soll Dr. August-WilhelmMüller warnt die Arbeit- geber vor dem Abwerben von Arbeitskräf- ten. Vielmehr empfiehlt er jedem Arbeitge- ber „gesunde, vernünftige Sozialpolitik“. Er spricht sich für mehr Urlaub aus und stellt die Nachwuchsbildung und -pflege in den Unternehmen als wichtig heraus. In seiner Festrede zum 40- bzw. 10-jährigen Beste- hen des Arbeitgeberverbandes im Sommer 1959 bringt es das geschäftsführende Prä- sidialmitglied der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e.V., Dr. Gerhard Erdmann, auf den Punkt: „Das Ver- hältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeit- nehmer hat sich geändert. Aus dem Lohn- empfänger ist ein Mitarbeiter geworden.“ Anfang der 1960er Jahre setzt der Ar- beitgeberverband Oldenburg auf eine ver- stärkte Öffentlichkeitsarbeit. Den Weg hierfür bereitet der damalige Hauptge- schäftsführer, Dr. Kurt Jahncke. In seinem Bericht im Rahmen der Mitgliederver- sammlung am 14. Juni 1960 betont er „die Notwendigkeit, daß auch die Arbeitgeber die Allgemeinheit mit ihren Problemen und Absichten bekannt machen müßten“. Dr. Jahncke stirbt am 22. Oktober 1962. Neuer Hauptgeschäftsführer des Verban- des wird der bisher als Geschäftsführer tä- tige Dr. August-Wilhelm Müller. Er intensi- viert den Kontakt zur Presse und sorgt für einen Dialog mit Vertretern der Schulen, der Pädagogischen Hochschule und der 35
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NTk0MTAy