100 Jahre AGV

Ende des „Tausendjährigen Reiches“ Zwölf Jahre später, 1945: Deutschland liegt in Trümmern – physisch wie psychisch. Die alliierten Truppen übernehmen vorerst die Macht sowie die politische und sonstige Ge- staltung im Land. Sehr schnell zeichnet sich ab, dass es auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinausläuft – der Jahrzehnte andauernde Kalte Krieg hat begonnen. Während Stalin anstrebt, seinen Macht- bereich westwärts auszubauen, wollen die USA mit aller Macht die Ausbreitung eines kommunistisch orientierten Systems ver- hindern. Und das lassen sich die Vereinigten Staaten einiges kosten. Mit dem so genann- ten Marshall-Plan soll die Wirtschaft in Eu- ropa zügig wiederbelebt werden. Allein nach Deutschland fließen zwischen den Jahren 1948 und 1952 rund 1,5 Milliar- den Dollar. Der Wiederaufbau imWesten – auch der industrielle – geht mit großen Schritten voran. Allerdings erhöhen diese Zuschüsse die Spannungen zwischen den drei Westmächten und den sowjetischen Machthabern im Osten. Vorläufiger Höhe- punkt ist der 20. Juni 1948, als imWesten, einschließlich der Westsektoren in Berlin, eine Währungsreform umgesetzt wird. Um die Rücknahme dieser Maßnahme zu er- zwingen, kappen die Sowjets sämtliche Verbindungswege zwischen Berlin und demWesten Deutschlands. Das ist der Be- ginn der so genannten Luftbrücke. Fast zwölf Monate – bis zum 13. Mai 1949 – ver- sorgen US-amerikanische „Rosinenbomber“ die Berliner Bevölkerung imWestsektor mit Lebensmitteln, Energie und allen anderen lebenswichtigen Gütern. Mit der Währungsreform ist die Spaltung Deutschlands besiegelt. Während imWes- ten am 8. Mai 1949 das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verabschiedet wird, konstituiert sich die Sowjetische Be- satzungszone (SBZ) am 7. Oktober 1949 als Deutsche Demokratische Republik (DDR). Es sollte 40 Jahre dauern, bis die beiden Tei- le Deutschlands sich wiedervereinigen. Verbandsarbeit nach 1945 Während die Gewerkschaften nach Beendi- gung des Zweiten Weltkrieges schon im Jahr 1945 wieder aktiv werden können, wird die Bildung von bezirklichen Arbeitge- berorganisationen durch die Britische Mili- tärregierung in Niedersachsen erst im Jahr 1946 erlaubt, und zwar nur an den Sitzen der acht „Hauptarbeitsämter”. Die Mit- gliedsfirmen dürfen lediglich in loser Form zu „Sozialpolitischen Ausschüssen“ zusam- mengefasst werden. Die damalige Landes- organisation „Zentralbüro der Wirtschafts- verbände Niedersachsens – Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft der Verbände und Organisationen der Wirtschaft“ hat ihren Sitz in Hannover. Diesem losen Zusammenschluss von Wirtschafts- und Fachverbänden kann kei- ne längere Lebensdauer beschieden sein, denn die Organisation ist – wenig praktika- bel – der Fülle wichtiger sozialpolitischer und auch zunehmend wirtschaftspoliti- scher Aufgaben nicht gewachsen. Zudem steht sie wegen geringer Beteiligung der Unternehmerschaft finanziell auf schwa- chen Füßen. So geraten die acht in Nieder- sachsen gebildeten „Sozialpolitischen Aus- schüsse“ in wachsende Schwierigkeiten; die Finanzierung der acht Geschäftsstellen durch das „Zentralbüro der Wirtschafts­ verbände Niedersachsens“ wird immer fraglicher und schließlich bereitet die Wäh- rungsreform ihr den endgültigen Zusam- menbruch. Auch Oldenburg ist Sitz eines der acht niedersächsischen Hauptarbeitsämter. Es besitzt daher einen solchen „Sozialpoliti- schen Ausschuss“, der sich „Allgemeiner Ar- beitgeberausschuss“ nennt. Er steht unter dem Vorsitz von Dr. Bruno Kleemann, Vor- standsmitglied der Deutsche Linoleumwer- ke AG in Delmenhorst, und der Geschäfts- führung von Christian Lange. 29

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