100 Jahre AGV

Meine Herren, was soll man gegen eine der- artige Entwicklung der Dinge tun? (…) Wir ha- ben keine Freunde; wir sind in der Reichsregie- rung und in der Oldenburger Regierung nicht vertreten. In die Nationalversammlung ist kein einziger aus unseren Reihen gewählt. Es ist selbstverständlich, daß im politischen Le- ben nur der Freunde hat, der mächtig ist. Diese Macht müssen wir uns schaffen und das kön- nen wir nicht anders als durch Organisation. Wir haben wirtschaftlich vorläufig das Heft noch in der Hand, aber wir sind imBegriff, auch die wirtschaftliche Macht aus der Hand zu verlieren. Alle Räder stehen still. (…) Ich pre- dige nicht den Kampf. Wir müssen den inneren Frieden haben. Aber wenn man den haben will, mußman sich auf den ‚Krieg‘ vorbereiten. Der jetzige Zustand reizt zumUnfrieden. Der starke Konkurrent wird gefürchtet, dem Schwachen bricht man das Genick. Wir müs- sen der Macht eine Macht auf unserer Seite ge- genüberstellen. Wir wollen den Frieden, aber nicht den, den die anderen uns diktieren. (…) Allenthalben in Deutschland sollen Organisati- onen der Arbeitgeber gebildet werden. Meine Herren, in diesem Sinne hoffe ich, daß wir das Fundament legen zu einer guten Organisation. Wir müssen opferwillig sein. Geld und nochmals Geld gehört zum ,Krieg- führen‘. Ich möchte hoffen, daß wir diese Or- ganisation schaffen, ,uns zu Ehr, dem Feind zur Wehr und unserem gesamten deutschen Volke zumNutzen‘.“ Gelungener Neuanfang Dieser neue, nicht fachgebundene Zusam- menschluss von Unternehmen aller Bran- chen und Größen folgt damit wie bereits er- wähnt den Beispielen anderer Gebiete des Deutschen Reiches. Immerhin sind im Jahr 1920 Unternehmen mit insgesamt acht Millionen Beschäftigten in Arbeitgeberver- bänden im ganzen Land organisiert. ImMit- telpunkt stehen hier wie dort die sozial­ politischen Interessen sowie allgemeine Probleme der Unternehmen. Es scheint so- gar, als wäre die Gründung des Verbandes hier in der Region für viele eine Frage der Existenz. DemProtokoll dieser Sitzung ist darüber hinaus weiter zu entnehmen, dass es keine leichte Aufgabe ist, all die anwesenden Indi- vidualisten, die es gewohnt sind, selbststän- dig zu denken und zu handeln, inhaltlich un- ter einen Hut zu bringen. Ein Phänomen, das auch in den kommenden Jahrzehnten immer wieder präsent ist. Ungeachtet dessen je- doch schaffen es die Unternehmer, über ihren Schatten zu springen und über den Horizont ihres eigenen Unternehmens hin- auszusehen, weil sie erkennen, wiewichtig es ist, dass die Gesamtinteressen durch eine starke Organisation vertreten und gefördert werden. Trotz der mehr oder weniger offenen Un- stimmigkeiten gelingt die Wahl der Vor- standsmitglieder an diesem 28. August. Hier die Liste der gewählten Repräsentan- ten: f f für Varel: Direktor Reinartz (Hansa-Lloyd-Werke) f f für Nordenham: Direktor Meusel (Metallwerke Unterweser), Direktor Ziegelasch (J.C. Frerichs & Co., Schiffswerft) f f für Delmenhorst: Kommerzienrat Stuckenberg (Deutsche Linoleum-Werke Hansa), Geh. Kommer- zienrat C. Lahusen (Norddeutsche Wollkämmerei und Spinnerei) f f für Oldenburg: Dipl. Ing. Max Schulz (Molkereima- schinenfabrik), Direktor Carl Dinklage (Oldenbur- gische Glashütte) f f für Augustfehn: Kommerzienrat Kellner (Stahlwerk Augustfehn) f f für den südlichen Teil: Direktor Borgmann (F. van der Wal & Co.) f f für Brake: Direktor Schmitz (Deutsche Kromhout Motorenfabrik) f f für Rüstringen: Franz Kuhlmann f f für Zwischenahn: Brandstätter, i. Fa. Carl Intelmann f f und für die Ortsgruppe Nordenham: Direktor Seedorf (Midgard) 21

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